Tomas Haberland, Česko-slovenska optika, Dobřichovice

Selbst nachts wälzt er im Geiste Geschäftsideen hin- und her. Tomas Haberland (54) hat sich erst vor zwei Wochen in Dobřichovice selbstständig gemacht. Zwanzig Minuten von Prag entfernt, liegt der Ort recht hübsch an einem Seiten- arm der Moldau. Ein bisschen wie in der Schweiz. Sogar ein Schloss nennt die 3.500-Seelen-Gemeinde ihr Eigen. Der augenoptische Meister mit internationaler Erfahrung weiß, was er tut, wenn er hier geschäftlichen Erfolg sucht.

  • Das Gegenteil behauptet Fachmann Haberland über
  • den Fielmann-Konzern, der sich gerade beim östlichen
  • Nachbarn breit macht. Im Juni soll in der Hauptstadt

Prag die erste Filiale in Tschechien öffnen. Bis 2025 sind 20 Standorte geplant, wie die Hamburger ankündigten. Tomas Haberland meint: „Die wissen nicht, was sie tun.“

Fielmann bezeichnete den tschechischen Markt in sei- ner jüngsten Pressekonferenz als sehr interessant, weil Brillen dort trotz der unterdurchschnittlichen Kaufkraft im europäischen Vergleich bislang überdurchschnittlich teuer seien. Natürlich will niemand die Projekte Fielmann – Haberland vergleichen: Hier die internationale Kette, da der Tradi. Doch dazu später mehr.

Enge Beziehungen zu Deutschland

Für Haberland war der Schritt zurück von Köln, Saarlouis oder München, wo er vier Jahre nach 1992 und 2011 bis 2016 bei größeren und kleineren Augenoptikgeschäften arbeitete, der Schritt zurück in seine Heimat. Der gebür- tige Slowake spricht hervorragend Deutsch. Nicht nur wegen der langjährigen Tätigkeit und seinen Fortbildun- gen in Deutschland, sondern von Kindesbeinen an. Seine Großeltern, beide Lehrer, parlierten traditionell in ihrer „Geheimsprache“ Deutsch, wenn Wichtiges diskret be- handelt werden sollte.

Schließlich sind Tschechien und die Anrainer als Schmelztiegel der verschiedensten Nationen in die deutsch-osteuropäische Geschichte eingegangen. Eine Vergangenheit, die auch Tom Haberland geprägt hat. Gelernt hat er in der damaligen Tschechoslowakei beim volkseigenen Betrieb „Očni Optika“, in Brünn und in Kaschau, was heute zur Slowakei gehört.

Als der eiserne Vorhang 1990 fiel, wollte der Wissbe- gierige unbedingt nach Köln zur HFAK. Endlich raus aus der Isolation, die seinem Wissensdurst bis dahin entge- genstand. Um den Kölner Ansprüchen besser gewachsen zu sein, heuerte er zunächst in Saarlouis in der Brillenga- lerie bei Manfred Klein an. Die Fortbildungen an der Köl- ner Fachschule, aber auch bei der WVAO (Wissenschaftli- che Vereinigung für Augenoptik und Optometrie) schätzt er noch heute. Mit den Kolleginnen und Kollegen pflegt er weiterhin regen fachlichen Austausch: rasch und unkom- pliziert, zum Beispiel im Augenoptiker-Netzwerk auf Facebook.

Herausforderung Corona

Tschechien war eine Zeitlang schwer betroffen von der Pandemie, jetzt gehen die Zahlen zurück. Die Augenoptik gehört aber auch in Tschechien zu den systemrelevanten Branchen, die mit einem blauen Auge davonkamen: „Manchmal frequentieren uns die Leute gefühlt sogar mehr, weil alles andere – wie beispielsweise Elektro-, Schuhgeschäfte oder Restaurants – geschlossen hat!

Haberlands Geschäft hat auf 89 qm drei Räume, davon einen Refraktionsraum. Seine Spezialität: Binokularprüfung und Prismen. Er sagt: „Meine Arbeit bringt Spaß und genug Geld fürs Leben. Ich helfe Menschen, besser zu sehen und auszusehen. Meine Ziele sind, dass sich die Kunden wohlfühlen, dass sie begeistert sind und es weitersagen: ‚He, der Haberland war nicht gerade billig, aber die nächste Brille gönne ich mir wieder bei ihm!‘“

Und Fielmann?

Der erfolgreiche Branchenprimus aus Deutschland jedenfalls, so erfuhr
Haberland aus gut informierter Quelle, wolle sich in Einkaufszentren niederlassen. Geschäftsräume ohne Tageslicht, dafür in Tschechien landesweit an sieben Tagen die Woche von 9.00 bis 20.00 Uhr geöffnet. Auch sonntags. Haberland: „Die Mietverträge der Zentren sind so ausgelegt. Die Kosten werden den Einkünften an solchen Standorten nicht entsprechen!“ Der Fachkräftemangel in Tschechien sei zu groß. Insgesamt verzeichnet das Land schon seit längerer Zeit die geringste Arbeitslosen- quote in der EU. Gute Augenoptiker*innen verdienten rund 2.000 Euro. Wegen Fielmann müssten sich selbst tschechische Ketten wie Fokus Optik, Grand Optical (Apollo/ EssilorLuxottica) oder Optiscont keine schlaflo- sen Nächte bereiten.

Tomas Haberland bleibt dran. An seinem ausgesuchten Standort, einer Villengegend, und mit seinem Geschäftskonzept, das auf persönliche Stammkunden, Wohlfühlfaktoren und Kundenzufriedenheit setzt. |||

CHRISTINE HÖCKMANN
www.optikadobrichovice.cz

Schlaflos in Tschechien – Original

 

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